So trägst du zu einer zukunftsfähigen Organisationskultur bei

In Gesprächen mit dem Top-Management, in Beratungen und Workshops oder Führungskräfteentwicklungen werden wir immer wieder gefragt, ob wir gute Mitarbeitende kennen, die wechselwillig sind. Alle suchen händeringend nach „leistungsorientierten Menschen“.

Um in Zukunft bestehen zu können, haben viele Organisationen entsprechend erkannt, dass es wichtig wird, die Organisation umzustrukturieren. Einer der zentralen Punkte für die Gewinnung und Bindung von Menschen ist eine förderliche Organisationskultur. Für einen Arbeitsmarkt, in dem es an Fachkräften mangelt und in dem die Arbeitskräfte immer mehr Wert auf sinnstiftende Arbeit und ein angenehmes Arbeitsklima legen, ist eine passende Organisationskultur essentiell.

Organisationskultur lässt sich nicht basteln und entsteht nicht von heute auf morgen

Um eine Transformation zu bewirken, versuchen Organisationen oft, Strukturänderungen von oben herab zu erzwingen, das Arbeitsklima über Leitfäden und Normenvorgaben zu kontrollieren und vereinfachende Lösungen für eigentlich komplexe Probleme zu finden. Solche Maßnahmen scheitern meistens, denn komplexe soziale Systeme wie die Organisationskultur können nicht vereinfacht und angeordnet oder in einem Tagesseminar vermittelt werden. Stattdessen braucht es das Bewusstsein, dass sie hochkomplex sind und wirkliche spürbare Veränderungen meist nur indirekt möglich sind.

Nun fragst du dich bestimmt: Wie kann ich für eine angenehme Organisationskultur sorgen, die Mitarbeitende gewinnt und hält?

Dafür schauen wir uns zunächst an, was eine Organisationskultur überhaupt ist und wie sie entsteht.

Was ist eine Organisationskultur?

Die Organisationskultur setzt sich aus zahlreichen Komponenten zusammen. Dazu zählen zum Beispiel etablierte Haltungen, Werte, Glaubenssätze, Traditionen, Verhaltensweisen und Praktiken. Allein durch diese kleine Aufzählung wird deutlich, wieso die Organisationskultur so komplex und schwer steuerbar ist. Es handelt sich um ein soziales System, bei dem die meisten Bestandteile nicht wirklich „greifbar“ sind. Ein Großteil liegt im Verborgenen, ist individuell und unbewusst.

Der Organisationspsychologe Edgar Schein beschreibt die Organisationskultur in seinem Kulturebenen-Modell. Dieses ähnelt dem Eisbergmodell und lässt sich in drei Ebenen einteilen. Ebene drei und teilweise auch Ebene zwei sind „unter Wasser“ und zählen damit zum nicht sichtbaren, unbewussten Teil.

Hier ein kurzer Überblick über das Modell:

Ebene 1: Artefakte

Sichtbare Strukturen, Prozesse und Strategien in der Organisation.
Dazu zählen die Raumarchitektur, Kleidung bzw. Kleidervorschriften, der Sprachstil (z. B. Begrüßungsformeln) sowie Symbole und Rituale.

Ebene 2: Bekundete Werte

Kollektive Werte, Normen und Leitbilder, die das Verhalten beeinflussen.
Durch die soziale Validierung werden diese Werte vergemeinschaftet.

Ebene 3: Grundannahmen bzw. Grundprämissen

Dinge, die als selbstverständlich wahrgenommen und selten reflektiert werden.
Dazu zählen Anschauungen, Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle der Individuen, die Beziehung zur Umwelt, zwischenmenschliche Beziehungen, Weltbild usw. Grundprämissen sind individuell und meist aus der Erfahrung gewachsen. Deshalb sind sie schwer zu verändern.

Wie entsteht eine Organisationskultur?

Mit Edgar Scheins Modell haben wir bereits erkannt, dass eine Organisationskultur aus zahlreichen Faktoren besteht und zum Großteil auf den Grundprämissen basiert, die meist unbewusst sind.

Entsprechend ist die Erkenntnis, dass die Organisationskultur von selbst entsteht und sich weiterentwickelt, nicht weiter verwunderlich. Niemand entscheidet darüber, wie Kultur entsteht, und insbesondere die Geschäftsführung kann dazu beitragen und Kultur spürbar werden lassen.

Fragestellungen wie diese sind hierbei hilfreich:

„Was ist nötig, damit wir alle zusammen von der Geschäftsführung und allen Mitgliedern des Führungskreises eine gemeinsame Erwartungshaltung und echtes Commitment finden, welche die Priorität Kulturwandel trägt?“

Niklas Luhmann: Ein systemtheoretischer Ansatz

Mit seinem Konzept der soziologischen Systemtheorie stellt der Soziologe Niklas Luhmann diesen Zusammenhang dar.

Er beschreibt die Organisationskultur auch als etwas, das nicht geplant und erzwungen werden kann. Soziale Systeme sind zu komplex, um über sie entscheiden zu können.

Kultur entsteht nach Luhmann durch die Erfahrungen und Ereignisse der Vergangenheit und die nicht-entschiedenen Entscheidungen. Nicht-entschiedene Entscheidungen sind informale Strukturen, die nicht durch Entscheidungen festgelegt wurden, sondern sich von selbst ergeben und etabliert haben. Sie wurden nicht hierarchisch vorgegeben, sondern haben sich durch Imitationen und Wiederholungen eingeschlichen. Das ist vergleichbar mit der Entstehung von Trampelpfaden im Park. Dem Ganzen liegen dabei die Grundprämissen zugrunde, wie wir sie bei Schein kennengelernt haben. Mit Luhmanns Terminologie kann man diese auch als „unentscheidbar“ bezeichnen, denn niemand hat direkten Einfluss auf sie.

Wie kannst du die Organisationskultur beeinflussen?

Wir wissen nun, dass eine Organisationskultur hauptsächlich auf unbewussten Grundprämissen basiert. Es handelt sich um ein soziales System, über das nicht direkt entschieden werden kann.

Jetzt fragst du dich bestimmt: Wie habe ich dann überhaupt Einfluss auf die Organisationskultur? Die Antwort lautet: auf verschiedenen Ebenen, jeden Tag aufs Neue! Aber eben nicht direkt. Statt direkt die informale Kultur zu verändern, kannst du Einfluss auf die Außenbedingungen bzw. die Formalstruktur nehmen und die Organisationskultur so indirekt ändern.

Luhmann unterscheidet hierfür drei Metaprämissen, auf die wir Einfluss nehmen können:

  1. Programme: Es handelt sich hierbei um Ziele, Strategien und Prozesse in der Organisation.
  2. Mitglieder: Im Fokus stehen die Mitarbeitenden. Welche Fähigkeiten und Kompetenzen bringen die einzelnen Personen mit? Wie werden diese genutzt? Änderungen können dabei auch in Form von Beförderungen, Entlassungen und Neueinstellungen vorgenommen werden.
  3. Kommunikationswege: Verschiedene Faktoren können hierbei analysiert und verändert werden. Welche Kommunikationshierarchien existieren in der Organisation? Welche Meeting-Struktur? Welche Infrastruktur? Welche Aufbau- und Ablauforganisation hat die Organisation?

Die Organisationskultur kann also über die Metaprämissen beeinflusst werden. Die genauen Auswirkungen kennt man dabei aber nicht. Es handelt sich also in gewisser Hinsicht um einen Trial-and-Error-Prozess. Je mehr und besser du aber die eigene Kultur analysiert hast, desto besser kannst du Entscheidungen treffen. Ein zentraler Aspekt ist also die Beobachtung der Organisationskultur.

Beobachtung der Organisationskultur

Je intensiver die vorherige Analyse der eigenen Organisationskultur, desto zielgerichteter und effizienter können Entscheidungen getroffen werden. Fragen, die du dir hier allgemein stellen kannst, sind: Wie sieht die aktuelle Formalstruktur aus? Welche Vorgaben und Programme existieren? Wie wirken sich diese auf die alltäglichen Arbeitsprozesse aus? An welchen Stellen existieren informale Strukturen und nicht-entschiedene Entscheidungen? Warum existieren diese und wie wirken sie?

Für Organisationen, die Mitarbeitende gewinnen und halten wollen, sollte dabei speziell das Mitarbeiterwohl im Beobachtungsfokus stehen. Was sind deren Bedürfnisse? Wo können Talente, Innovationskraft und Kreativität gefördert werden? Welche Grundprämissen liegen den informalen Strukturen zugrunde und wie beeinflussen sie das Unternehmen.

Außerdem sollte der Fokus auch auf der Führung liegen. Selbstreflexion ist hier notwendig. Wer die Organisationskultur verändern möchte, kommt nicht drumherum, auch die Rahmenbedingungen zu ändern. Und das beginnt oftmals als Erstes an der Spitze. Sofern die richtigen „Hebel“ zur Verhaltensänderung identifiziert und neu justiert werden, wandelt die Veränderung der Rahmenbedingungen das Verhalten von einem unerwünschten Zustand in einen erwünschten Zielzustand:

Zu den relativ schnell veränderbaren „Stellschrauben“ bzw. Einflussfaktoren auf Organisationskultur zählen Ablaufprozesse, Systeme, Strukturen, zur Verfügung stehende Ressourcen und auch die strategischen Unternehmensziele mit den daraus abgeleiteten Teilzielen der Abteilungen und Teams.

Es macht also sehr viel Sinn, die Mitarbeitenden gleich zu Beginn von Kulturveränderungsprozessen einzubeziehen.

Neue Muster zu etablieren braucht Zeit und kann anstrengend sein. Das ist nicht nur auf der privaten Ebene so (wenn es z. B. ums Sporttreiben geht), sondern auch in Organisationen. Deshalb braucht es Teams mit Innovationskraft und genügend Mutige, damit sich neue Erlebnisse etablieren können.

Wenn Kulturwandel gelingt, werden das die Mitarbeitenden spüren und bleiben wollen bzw. neue Mitarbeitende werden kommen wollen. Nichts passiert schneller, als beispielsweise in einem Krisenfall wieder in alte Muster zurückzufallen! Kulturentwicklung ist ein dynamischer Prozess. Dabei hilft es aus unserer Sicht auch, auf Partizipation, Lernen und Vertrauen zu setzen.

Du wünschst dir Unterstützung auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Organisationskultur? Dann lass uns darüber sprechen, wo du und deine Organisation aktuell stehen und was ihr konkret braucht. Hier geht es zur NewsletterAnmeldung