Warum Change-Projekte oft scheitern und wie du es im Kulturwandel anders machen kannst
In diesem Blogartikel erfährst du warum Change-Projekte oft scheitern und wie du mit echtem Kulturwandel dauerhaft Erfolg und wirksame Veränderung in deiner Organisation erreichst.
Es ist das Jahr 2023: Eine unspektakuläre Kaffeeküche: Ein langer Tisch und zwei Stühle an den Stirnseiten, die im Abstand von drei, vier Metern auseinander stehen. Ein antiquiertes Schild aus Coronazeiten an der Tür sagt immer noch „Nur zwei Personen gleichzeitig eintreten“ .
Monatelang blieb dieses Pandemie-Layout unangetastet ebenso wie die Regeln die darauf standen. Alle Teammitglieder fühlten sich davon gestört….. niemand hat es geändert. Wer Gemeinschaft suchte, ging stattdessen in die umliegenden Restaurants zum geselligen Austausch.
Bis ich in einem Workshop schlicht fragte: „Wer sagt eigentlich, dass das noch so sein muss?“ Achselzucken. In der nächsten WorkshopPause stellten die Mitarbeitenden die Stühle zurück in den gemeinsamen Pausenraum, entfernten das Schild und freuten sich den ganzen Tag über ihre neu gewonnene gemeinsame Pausenzeit.
Manchmal braucht es eine Störung oder jemanden, der die Gewohnheiten einfach mal hinterfragt.
Das vermeintlich banale Beispiel zeigt, was Kultur bewirkt: Sie entsteht wie eine Art Schatten aus Beziehungen und Interaktionen und wird so in den Routinen des Alltags sichtbar.
Jetzt fragst du sich vielleicht: Wie gelingt Kulturwandel wirklich? Und wie gewinnen wir Menschen für den Wandel?
Die Antworten verdichten sich in drei Schritten, die jeder Kulturwandel braucht:
- Diagnose & Purpose – den wahren Schmerzpunkt erkennen und ein glaubwürdiges Why formulieren.
- System & Rahmen – Führung und Prozesse so gestalten, dass Mut statt Anpassung belohnt wird.
- Menschen aktivieren & skalieren – Freiwillige und leichte Skeptiker gewinnen, Quick Wins feiern und Stories verbreiten.
Wenn du wissen willst, wie das in der Praxis funktioniert, lies weiter. Dieser Artikel richtet sich an GeschäftsführerInnen, HR-Profis und Führungskräfte, die Kulturwandel nicht nur verstehen, sondern in ihrer Organisation wirksam leben wollen.
Was ist Kulturwandel?
Wer in der Organisationsentwicklung oder im Change Management arbeitet, stößt zwangsläufig auf den Begriff Kulturwandel. Doch was steckt dahinter?
Kulturwandel bedeutet einen tiefgreifenden, fortlaufenden Transformationsprozess, der weit über einzelne Change-Maßnahmen hinausgeht.
„Kultur entsteht von innen heraus und kann nicht „gemanagt“ werden.“
Keine Wirkung ohne echtes Tun, Absichtserklärungen allein bringen gar nichts. Ein Tages-Workshop und laminierte Leitlinien an der Wand ändern weder Gewohnheiten noch Wertschöpfung.
Wenn ihr nachhaltigen Erfolg wollt, müsst ihr wir spürbar und dauerhaft etwas verändern. Menschen brauchen ein Umfeld, in dem sie gern arbeiten und ihr volles Potenzial entfalten können. Eure Aufgabe ist es, genau diese Rahmenbedingungen zu schaffen und erstarrte Strukturen aufzubrechen.
Kurz gesagt: Kulturwandel zeigt sich erst dann, wenn neues Verhalten den Alltag prägt und nicht, wenn überall schlaue Sprüche auf der Website und Poster auf den Gängen hängen.
Diese 4 Punkte sind ein erster Schritt, es besser zu machen als jemals zuvor:
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Sinnstiften – vom Schmerzpunkt zum Purpose
Ohne ein glaubwürdiges, gemeinsames „Warum“ bleibt Veränderung Wunschdenken.
„Das Why steht immer am Anfang, ohne Sinn keine nachhaltige Bewegung.“
Ein Praxisbeispiel: Nach einer Fusion trat der Vorstand vor die Belegschaft und sagte offen: „Wir haben die Integration unterschätzt. Helft uns, es besser zu machen.“ Erst dieser verletzliche Moment öffnete die Tür für echte Mitarbeit.
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Radikale Ehrlichkeit als Auftakt
Ohne spürbaren Grund WARUM läuft jede Initiative ins Leere. Den Menschen ist die Wahrheit zumutbar. Darum beginnt das Gewinnen von Menschen mit schonungsloser Klarheit:
- Schmerz offenlegen – z. B. sinkende Kundenzufriedenheit oder wegbrechende Auftragslage
- Zielbild zeichnen – was soll sich für KundInnen, Teams, Gesellschaft konkret verbessern?
- Storyline halten – das Narrativ konsequent wiederholen und mit Zwischenergebnissen unterlegen
Jede Organisation formuliert ihr Why anders, der Weg dorthin bleibt gleich: ehrliche Diagnose, transparente Geschichte, klarer Nordstern. Wer das Why verschweigt, landet bei Scheinpartizipation: Beteiligung wird angekündigt, aber nie durch Entscheidungen belegt.
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Rahmen & Systeme – Führung als Möglichmacher
Jeder Kulturwandel braucht Strukturen, die neues Verhalten ermöglichen und belohnen. Zwei Hebel sind entscheidend: Führung, die Entscheidungsräume öffnet und psychologische Sicherheit, die Mut schützt.
Führung: Räume statt Regeln
In einer komplexen Welt kann niemand allein alle Antworten haben. Geschwindigkeit entsteht, wenn Entscheidungen dort fallen, wo das Know-how sitzt. Führungskräfte werden zu Möglichmachern, wenn sie …
- Richtung geben – Purpose und Ziele klar kommunizieren
- Hindernisse räumen – Ressourcen sichern, Prioritäten klären, vor politischem Gegenwind schützen, Zuversicht ausstrahlen
- Kommunizieren statt kommandieren – Fragen stellen, Spielraum geben, Entwicklung begleiten
Doch Verantwortung zu übergeben braucht Fingerspitzengefühl, wie ein Beispiel zeigt: Nach dem krankheitsbedingten Ausfall einer stark kümmernden Chefin übergab ihr Nachfolger in einer Versicherungsagentur konsequent die Verantwortung an das Team. Anfangs hielten die langjährigen Mitarbeitenden ihn für eine „schlechte Führungskraft“. Zwölf Monate brauchten sie, um zu lernen, Vertrauen als Chance zu begreifen und ihr Know-how zu bündeln und verwandelten die Agentur in eine der erfolgreichsten des Hauses.
Das Beispiel zeigt: Führung pendelt situativ zwischen Struktur und Freiheit. Dafür braucht ein Team psychologische Sicherheit.
Psychologische Sicherheit – Mut sichtbar machen
Autonomie scheitert, wenn Menschen Angst vor Fehlern haben. Psychologische Sicherheit bedeutet, dass Risiken erlaubt, Fragen willkommen und Ideen erwünscht sind. Amy Edmondsons Forschung zeigt: Teams mit hoher Sicherheits-Skala liefern bis zu 50 % mehr Innovation.
Doch in vielen Firmen werden Fehler „unter den Teppich gekehrt“.
Was hilft, ist eine Lernkultur, in der Fehlversuche offen geteilt und gemeinschaftlich ausgewertet werden. Wir können nicht erwarten, dass Menschen mutig Neues wagen, wenn sie sofort für ihre Aussagen negativ bewertet werden.
Da psychologische Sicherheit nicht per Erlass entsteht – vier Schritte die wirken:
- Vorbild sein – Führungskräfte teilen eigene Fehlversuche öffentlich.
- Rituale schaffen – z. B. „Fail of the Month“‑Award oder Retrospektiven
- Entscheidungsnähe herstellen – Rechte an die Fachgrenze verlagern.
- Finger‑Pointing ahnden – Schuldzuweisungen konsequent stoppen
Methoden haben Halbwertszeiten, Kultur wirkt nachhaltig. Psychologische Sicherheit ist das verbindende Grundrauschen erfolgreicher Transformationen.
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Menschen aktivieren – Beteiligung statt „Mitnahme“
Ich höre häufig: „Wir müssen die Leute mitnehmen.“
Doch hier lege ich bewusst den Finger in die Wunde: Mitnehmen klingt, als stünden Mitarbeitende passiv an der Haltestelle. Mein Ziel ist es jedoch, Menschen zum Mitwirken zu gewinnen und sie zu Beteiligten zu machen.
Und wie funktioniert das?
Das Beteiligungs-Spektrum in jeder Transformation
In jedem Veränderungsprozess erkenne ich drei typische Gruppen:
- VorreiterInnen/ Veränderer – die Begeisterten, die sofort loslegen wollen. Sie liefern Energie, laufen aber Gefahr, sich zu verlieren, wenn man sie nicht einbindet und als BotschafterInnen nutzt.
- ZaunkönigInnen/ leichte Skeptiker – die Abwartenden, die erst beobachten, bevor sie sich entscheiden. Sie sind die stille Mehrheit und damit der größte Hebel: Gewinnt man sie, orientiert sich das System in Richtung Wandel.
- BewahrerInnen – die dauerhaften Skeptiker, die am liebsten alles beim Alten lassen. Sie blockieren, wenn ihre Ängste nicht adressiert werden.
Die meisten Unternehmen fokussieren sich auf den lautstarken Widerstand der BewahrerInnen. Viel wirkungsvoller ist es, die ZaunkönigInnen zu gewinnen, denn mit ihnen skaliert der Wandel.
So gewinnt man die ZaunkönigInnen:
- Einzel-Dialoge führen – Fragen stellen, zuhören, Motive verstehen.
- Low-Risk-Experimente anbieten – etwa Mini-Pilotprojekte oder Freiwilligen-Auslosungen.
- Co-Creation-Formate nutzen – Crossfunktionalen Austausch ermöglichen, Design Thinking, LEGO® Serious Play usw.
- Quick Wins sichtbar machen – Fortschritte feiern, Storyline verstärken.
- Situativ begleiten – 1-on-1, Coachings, Mentroings, Team-Sessions oder Training on the Job.
Es gibt keine One-size-fits-all-Lösungen – Vorgehen und Methoden müssen zu den Menschen passen.
Transformation ist kein Sprint
Nachhaltiger Kulturwandel braucht Zeit, Iterationen und Geduld, aber jede sauber gestaltete Beteiligungsschleife zahlt sich in spürbar höherem Engagement aus.
Fazit: Kulturwandel ist ein Marathon
Menschen für den Wandel zu gewinnen heißt, Sinn, Sicherheit und Selbstwirksamkeit erlebbar zu machen. Kulturwandel startet mit radikaler Ehrlichkeit über Schmerzpunkte und Notwendigkeit und einem klaren Why. Unternehmenskultur braucht Führung, die Entscheidungsräume öffnet und psychologische Sicherheit schafft und wird erst skalierbar, wenn die Mehrheit der Mitarbeitenden aktiv mitgestaltet.
Methoden kommen und gehen. Was bleibt, ist gelebte Kultur, sichtbar im täglichen Verhalten. Wer diesen Marathon konsequent geht, erhält mehr als schöne Poster: ein Unternehmen, das schneller lernt, konsequent liefert und Talente wie KundInnen magnetisch anzieht.
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